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Über den epischen Augenblick Zu einigen grafischen Arbeiten von Gérard Titus-Carmel Schaue ich auf die Feuillées, die Jungle-Arbeiten, das Cello, aber auch auf die Zyklen zu den Büchern von Yves Bonnefoy – Deux Scénes und Ales Stenar oder auf die Serie zu Philippe Jaccottes Liserons – all diese Arbeiten von Gérard Titus-Carmel versammeln sich in dieser Ausstellung – dann fällt mir ein Kindheitsspiel ein, das wir immer wieder mit Freude gespielt haben, das bei uns Himmel und Hölle , in Frankreich aber La Marelle heißt. . Es geht um das hüpfende Unterwegssein. Keiner weiß, und es spielt auch keine Rolle, was Himmel und Hölle ist, und ob es sie überhaupt gibt. Aber das Springen und Hüpfen gilt, und den Tod, das nicht mehr sehen, denken und fühlen können, den gibt es nur ausserhalb des Spiels. Es gibt Korrespondenzen zwischen den Brustkörben, den Skeletten, die auch an Hemden erinnern bei Pour l´Oubli und den Strukturen der Blätter und Pflanzen – Metamorphosen, die über den Tod hinaus ins Leben reichen und zurück. Die vegetativen Farbwelten des Titus-Carmel erinnern an eine Kreuzung von René Descartes mit Henri Matisse, der wirklich den Dschungel bereist hat, während der Philosoph mit seinem Diskurs über die Methode für den Künstler ein mögliches analytisches Kompositions-verfahren bereit stellt. Die Zyklen zu den Büchern von Yves Bonnefoy und Philippe Jaccottet erzählen Geschichten ohne Worte. Bei Deux Scénes etwa sind es surrealistisch eingefärbte Traumbilder, die an die Plätze und Standbilder von De Chirico erinnern, die sich aber aus ihrer Starre, Statik lösen können, wenn das Auge, der Geist anfängt zu hüpfen und zu springen. Oder es sind bei Jaccottet Antworten am Wegrand, die archaische Anklänge aus Ur- und Unzeiten beleben, die weiter wirken, fest, leicht und sicher. Der Mensch wandert unsichtbar durch die Kulissen der Stadt, die Welt der Pflanzen und der Träume. Manchmal erscheint er als Schemen oder als Schatten. In Wirklichkeit, in der Kunst aber ist er nur ein Augenblick. Er vibriert und lädt sich auf mit der Energie von Linie, Form und Farbe, mit etwas, das vorher ungesehen und gleichzeitig von Anfang an vertraut den Raum öffnet, der zum Atmen nötig ist und zum Schauen. Das Durchlässige und das Undurchlässige, das Wuchernde und das Klare – immer wieder gerät alles in Einklang, bleibt stehen oder wächst über sich hinaus. Das Übereinander und das Nebeneinander, das Auf einmal, das Epische: das Auge geht auf, das Auge geht zu. Die Bilder wandern – innen und außen: Ein Dschungel oder ein Blatt? Ein Irrgarten oder ein Ornament? Ein Augenschmaus oder eine Meditation? Ein Vorschlag für eine weitere Reise oder inne zu halten? Wir werden sehen. Bonn, den 25.10.2012 Hans Martin Hennig zurück |